Modularize It! – Forschungsskizze

Meta
Titel: Modularize It
Was: Artikel
Auftrag von: SELFFund Us

Deutsch & English ↓

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Meta: Dieser Artikel ist zugleich auch ein offener Förderantrag.

Modularize It! – Ein Forschungsprogramm für nachhaltiges Design


Modularität ist ein Schlüssel für Nachhaltigkeit. Aber auf welches System sollte ich als DesignerIn oder KonsumentIn setzen für einen möglichst hohen Nachhaltigkeitseffekt?

Modulares Design ist ein Schlüssel für gutes Leben in nachhaltigem Wohlstand im und gegen den Klimawanel. Jedoch sind die wenigsten Dinge heute modular gestaltet. Nimmt man Modularität aber ernst, könnte man meinen, wir müssten alles neu machen.

Aber es ist vor allem die Produktion von Gütern, die den Klimawandel vorantreibt. Die Entwicklung, Verbreitung und Etablierung neuer Lösungen kostet Zeit, Ressourcen und erzeugt viele Tonnen Treibhausgase. Deshalb müssen wir anstatt großflächig Neues zu machen mit dem arbeiten, was bereits da ist, wir müssen es kreativ (um)nutzen und erweitern.

Das Projekt „Modularize It“ sucht modulare Lösungen und bewertet sie nach Kriterien wie beispielsweise “Vielseitigkeit”, “Verbreitung”, “Hackbarkeit” und “Energieeffizienz”. Ziel ist es teils wissenschaftlich gestützt GestalterInnen Hinweise für ihre Arbeit zu geben. Auf welche Lösungen sollten wir setzen für einen möglichst hohen Nachhaltigkeitseffekt durch Modularität?

Es geht um einen offenen Baukasten, mit dem sich die Welt durch offene Zusammenarbeit im Handumdrehen modularisieren lässt. Eine ausführlichere Herleitung bzw. Begründung des Projektes findet sich im nächsten Abschnitt, unten finden sich Informationen zum aktuellen Forschungsstand.

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Modularize It – die Kriterien (looking for scale)

Kern des Projektes ist es, modulare Lösungen zu identifizieren, auf die man sich in der Arbeit konzentrieren sollte für eine hohe Nachhaltigkeitswirkung. Diese Lösungen werden durch einen umfangreichen Kriterienkatalog bewertet. Einige der hinter diesen Kriterien liegenden Ideen werden hier erläutert:

Die konkrete interaktive Liste der Kategorien (Version 0.1) findet sich weiter unten.

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Kriterien 1: Urban Mining und „Upcycling friendly“

Der Klimawandel marschiert mit großer Geschwindigkeit auf uns zu. Es gibt heute (2019) zwar immer noch Szenarien, die die Erwärmung theoretisch noch auf 1,5 Grad begrenzen zu können vorgeben. Aber die darin vorgeschlagenen Maßnahmen und damit verknüpften Zeithorizonte erscheinen selbst denen unrealistisch, die sonst mit viel Hoffnung ausgestattet sind. Es scheint klar: Der Klimawandel ist da und wird stärker werden. Und wir haben inzwischen ein ganz gutes Bild, was das für uns bedeutet: Große Gebiete werden unbewohnbar wegen Wassermangels oder -überschusses, Hungersnöte, Ressourcenverknappung, Flüchtlingströme, wahrscheinlich Kriege und damit eventuell einhergehend eine weiter zunehmende Verrohung des öffentlichen Diskurses …

Wie können wir als Gestalter*innen damit umgehen bzw. uns darauf vorbereiten oder dagegen anarbeiten?

Besser als Mad Max

Wir wandern hinein in ein apokalyptisches Dystopia, hinein in eine Welt, die vielleicht mehr mit den Welten von Mad Max oder anderen postapokalyptischen Hollywoodfilmen zu tun hat, als wir uns heute vorstellen wollen. In gewisser Weise werden wir in den verfallenden Ruinen einer alten Welt sitzen, auf Schrott-, Müll- und Restbergen und versuchen darin zu überleben.

Aber natürlich wird es nicht ganz so sein wie in den Filmen. In Mad Max brennen sie schnell durch die wenigen verbleibenden Ressourcen – das letzte Benzin, ein noch funktionierendes Auto, eine letzte Konservendose usw. Niemand scheint mehr irgendwas zu produzieren. Der Teller wird nur immer leerer, der verbleibende Lebensraum wird immer kleiner.

So wollen und werden wir nicht leben. Es scheint im ganzen Mad-Max-Kosmos keine auf Nachhaltigkeit bedachten DesignerInnen zu geben, die in die Zukunft denken. Es wird sie aber geben. Und wir können uns heute schon auf die Strategien konzentrieren, die uns ein gutes Leben auch nach “der Apokalypse” erlauben.

Gutes Design heute sollte dabei helfen, dem Klimawandel vorzubeugen bzw. ihn zu verlangsamen, uns aber zugleich auf seine Folgen vorbereiten, also dafür geeignet sein ihn zu überstehen. “Every good design is prepping now.”

Interessanterweise sind die selben Strategien, die es uns erlauben in den rauchenden Resten zu überleben und gute Leben zu führen, die gleichen, die auch dabei helfen könnten, den Crash überhaupt erst zu vermeiden. Es ist also für alle etwas dabei, es gibt kein Entweder-oder.

Urban Mining

Ein Begriff für das, was die Menschen in den postapokalyptischen Filmen tun, wenn sie in Ruinen und verlassenen Städten nach Nutzbarem suchen, ist Urban Mining.

Aber Urban Mining braucht keine Apokalypse. Viele Urban Mining-Möglichkeiten sind heute bereits in Benutzung. Es gibt einen akademischen Diskurs dazu und viele von uns machen das bereits im Kleinen. Ob wir uns Pappkartons aus dem Supermarkt für unseren Umzug holen, einen interessierten Seitenblick auf den Sperrmüll am Straßenrand werfen oder Kastanien im Hof sammeln für ein Kinder-Bastelprojekt, die Liste von Urban-Mining-Orten und Techniken ist lang und das Internet voll von „Upcycling“-Projekten. Die städtische Müllabfuhr, die Essensreste und Biomüll zur Energiegewinnung in die stadtnahe Biogasanlage fährt, macht im Grunde Urban Mining. Zwischen der Kastanienfigur und der hochtechnischen und logistisch komplexen Biogasanlage gibt es viele Schattierungen, einige sind etabliert, viele weitere denkbar!

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Die Frage ist, welche Design-Strategien bringen wir hier an für den Umgang mit diesen „Ressourcen“. Ein Übungsfeld für die Mad-Max-Apokalypse liegt da direkt vor unserer Haustür!

Hier muss Modularize It! ansetzen! Wenn wir aus dem uns in der Stadt in die Hände fallenden Müll Neues machen, sollten wir dabei bereits modulare bzw. modularisierende Techniken anwenden. Upcycling ja, aber wenn Upcycling zu „Basteln mit Müll“ wird und wo beispielsweise gesammelte Plastikreste zu Figuren zusammenklebt werden, dann produziert man doch nur wieder Müll und keinen Beitrag zu nachhaltigen Kreisläufen. In der Regel hat man etwas bereits schwer zu recycelndes noch schwerer recycelbar gemacht durch das Hinzufügen neuer Additive wie Kleber und ähnlichem.

Aber wenn man die Fundstücke umarbeitet in modulare, wiederverwendbare, interoperable Lösungen, wenn aus Müll ein Tisch wird, der hinterher ohne Aufwand zu einem Bett, Schrank oder Rettungsboot werden kann, dann legt man die Grundlage für nachhaltigen Wohlstand in einer Ressourcen-ärmeren und von Krisen geschüttelten Welt.
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Daran will Modularize It! forschen: Welche modularen Lösungen sind mit Urban Mining kompatibel? Was sind Upcycling friendly Designs? Upcycling friendly heißt, (1) man kann die Lösungen auf Müll anwenden bzw. damit herstellen und (2) man kann die Designs, wenn sie zu Müll geworden sind, schneller wiederverwenden.

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Deshalb spielt “Upcycling-friendly” in den Kriterien eine Rolle.

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Kriterien 2: Open, Einfachheit, Verbreitung

Wir werben seit Jahren dafür: Open Source ist der Schlüssel zu einer wirklich ökologisch nachhaltigen Produktwelt und für eine schnelle Einstellung auf die Folgen des Klimawandels.

Englische Version des Videos

Durch Transparenz und frei nutzbare Lösungen, wird das Reparieren, Umnutzen und auch Recycling von Produkten auf einem Planeten mit globalisierter Wirtschaft erstens möglich und zweitens wahrscheinlich(er).

All das funktioniert besser, wenn man die Produkte dafür möglichst einfach gestaltet, z.B. so, dass sie mit global verfügbaren Standards und Materialien funktionieren. Open Source Software kann man von überall herunterladen und installieren. Den Bauplan eines Open-Hardware-Traktors kann ich herunterladen, aber ich muss ihn immer noch mit viel Zeit, Ressourcen und Fähigkeiten in einen Traktor umwandeln. Das gelingt besser, wenn die dafür notwendigen Bauteile möglichst wenig exotisch und universell verfügbar sind. Ein Baumarkt im Togo hat andere Dinge in den Regalen liegen als der einer in Bangladesh, Saudi Arabien oder Deutschland.

Umgehen oder abschwächen lässt sich dieses Problem, indem man sehr einfache Bauteile und Bauweisen und Bautechniken verwendet, die überall auf der Welt schnell verfügbar sind oder verfügbar gemacht werden können. Praktisch globale Standards. Einfachheit hilft Openness! Und je komplexer etwas ist, desto ausfallanfälliger wird es bei sich verändernder Ressourcenlage.

Aber welche Standards sind das? Der Modularize-It-Kriterienkatalog muss einen Fokus darauf legen, diese zu identifizieren und positiv herauszustellen. Neben der Einfachheit der Lösung bezieht sich der Kriterienkatalog aber natürlich auch auf Openness im Sinne von offener Lizenzierung und Einfachheit der Fertigung und Bearbeitung, denn auch diese sind Verlängerungen von Modularität (darf man etwas weiterverwenden).

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Kriterien 3: Hacking & Interoperabilität

Gelingt es durch Kreativität und Hacking die Mächtigkeit eines modularen Systems zu erweitern, sollte das unbedingt positiv in die Bewertung eingehen. Eine Erklärung zum Thema “Hacking Modularity” findet sich auf unserer Seite.

Dieser Punkt zeigt auch eine der wichtigsten Eigenschaften des Kriterienkataloges. Schneidet eine Lösung z.B. in vielen Parametern gut ab, aber beim Thema “Hacking” noch schlecht, dann können sich DesignerInnen sich darauf konzentrieren, die Punktzahl an dieser Stelle hochzutreiben. Mittels Hacking lässt sich z.B. die Interoperabilität oder Universalität erhöhen. Mehr dazu steht in den Kriterien unten und im Blogpost zum Thema Hacking Modularity.

[Bottle Lab Pic]

OK. Soviel zur Erklärung einiger wahrscheinlich erklärungsbedürftiger Kriterien. Weiter zum RATINGSYSTEM →
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Ratingsystem Version 0.1 (open)

Ziel des Forschungsprojektes wäre unter anderem die Entwicklung eines geeigneten Ratingsystems. Es müsste entwickelt, getestet und immer weiter angepasst werden.

Es gibt für dieses Ratingsystem auch eine erste Skizze – eine frühe Vorversion. Sie zeigt, welche Gedanken darin einfließen könnten, welche Probleme und Komplexitäten dabei auftauchen, aber auch welche Potentiale darin stecken.

Wir laden diese Skizze hier hoch. Es handelt sich um ein unfertiges Arbeitsdokument (wie man sehen wird)! Ein kleiner Schritt in einer langen Reihe von Schritten die dieses Projekt gehen möchte und nur mit finanzieller Unterstützung gehen kann. Wir öffnen hier den aktuellen frühen Stand, um erstens eventuellen Förderern das Potential des Projektes zu zeigen und zum zweiten anderen bereits zu ermöglichen, unsere frühe Vorarbeit zu nutzen.

DOWNLOAD als .DOC oder .PDF

ONLINE hier im Pad (mit Kommentarfunktion!)

Praktisches

Teil des Projektes wäre auch, dass man selbst praktische Experimente macht, modulare Lösungen nutzt, erweitert und Ergebnisse teilt. Die Dokumentation dieser Hacks würde auf der Plattform “Hackaday” passieren, um diesen Ansatz und dieses Experimentierfeld auch anderen Hackern vorzuschlagen. Dazu würde das Projekt dort umfänglich als offenes Partizipationsprojekt aufgestellt mit richtigem Contribution-Guide, Backchannel usw.

Wann immer möglich, werden wir an diesem Projekt in kleinen Schritten arbeiten, kleine Nebenexperimente machen. Aber eine ernsthafte Arbeit daran bräuchte weit mehr Ressourcen. Deshalb veröffentlichen wir hier diesen offenen Förderantrag.

Mifactori KONTAKT

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English Version

Modularize It – A New Design Research Programme

Meta
Title: Modularize It
What: Article
Ordered by: SELF | Fund Us! 

tl;dr – Modularity is a key to sustainability! But what modular system to use in a design for a strong sustainability effect? This is what this project tries to answer through science, hacking and open collaboration.

More? Sorry. We don’t have an english version available. But you can create your own by using the DeepL translator or a browser extension that allows translation in your browser within our Layout.

Log

Änderungslog 

Bildrechte

Die Originalbilder unter den “Modularize It”-Schriftzügen stammen alle von Flickr. Die Autoren der Bilder stehen in den Bildern neben den Lizenzen der Originalbilder. Einige Bilder stehen unter der Creative-Commons-Attribution-Lizenz, andere unter der Creative-Commons-Attribution-Share-Alike-Lizenz.

Das Lead-Bild auf der Startseite ist eine Modifikation des Bildes “Garbage On The Beach” von by Martin Stein (Flickr) welches unter der Lizenz CC-BY 2.0 steht.