Essen aus dem Wald.
Welche Rolle können Stadtforste für die gesunde und nachhaltige Ernährung unserer Städte spielen? Stadtwälder zu Community-Agroforsten!
Mifactori wirbt in seiner Rolle als Lebensmittelpunkt Reinickendorf für Agroforste in Berlin. Im Projekt “Forst & Kalorie” ist in Zusammenarbeit mit Freiwilligen ein Forderungs- und Vorschlagskatalog entstanden, der sich an die Berliner Politik, die Berliner Forstämter und die Berliner Stadtbevölkerung richtet. Reinlesen hier:
→ “Forst & Kalorie” Forderungskatalog 1.0
Die Arbeit wird 2022 fortgesetzt mit unseren “Ernteaktionen” und dem Kalender “Essbarer Wald”. Kommt vorbei. Wer nicht zu diesen Veranstaltungen kommen kann, kann das Projekt auch anderweitig unterstützen, mit uns weiterentwickeln oder woanders einbringen. Dazu einfach unten weiterlesen.
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Projekteinführung: Auch Forsten sind Teil unseres Ernährungssystems. Wild, Beeren und Honig sind bekannte Erzeugnisse aus dem Wald. Aber sie sind nur ein Anfang. Es lässt sich einiges mehr finden und vor allem auch aktiv anbauen. Unter dem Stichwort “Agroforstwirtschaft” tauscht sich eine stetig wachsende Community aus. Sie entwickelt Wissen und testet neue Ideen für “Produktionssysteme, die Elemente des Ackerbaus und der Tierhaltung mit solchen der Forstwirtschaft kombinieren.” Akteure aus der Permakultur, dem Urban Gardening und der traditionelleren Forstwirtschaft kommen dabei ins Gespräch, lernen voneinander und probieren aus.
In unserem kleinen Forschungsprojekt wollen wir gemeinsam mit diesen Akteuren herausfinden, welche Ideen auf die Berliner Forsten übertragen werden könnten. In welchem ökonomischen Rahmen, mit welchen technischen Mitteln, in wessen Verantwortung und mit welcher Rolle der Berliner Stadtbevölkerung? Wie können wir die Berliner Forsten und vor allem die Reinickendorfer Forsten aktiv(er) in die Versorgung Berlins mit gesunden und nachhaltig produzierten Lebensmitteln einbinden? Wie können wir die im Wald pro Quadratmeter produzierte Kalorienzahl in die Höhe treiben?
Das Projekt begann im Oktober 2021. Zwei mal haben wir die BerlinerInnen zum Pilze sammeln in den Tegeler Forst eingeladen. ExpertInnen aus der Forstwirtschaft, Permakultur und dem Urban Gardening waren mit dabei. Beim Sammeln haben wir uns ausgetauscht, Fragen gestellt, Experteneinschätzungen gehört und gemeinsam nach interessanten und vielleicht konsensfähigen Ideen und Forderungen gesucht. Diese Ideen wurden gesammelt und liegen jetzt in einem Dokument vor. Dem:
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Forst & Kalorie Forderungskatalog 1.0.PDF
Hier lesen? Dann einfach auf “Die Forderungen” klicken ↓
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Übersicht:
- Forst und Klimawandel: Anpassung breiter denken.
- Essbarer Wald? Potentiale erfassen und kommunizieren.
- Handstraußregel Plus+, Sammelscheine für mehr?
- Patenschaften für Waldparzellen?
- Verbündete in der Stadt: LebensMittelPunkte & Co.
- Zwischen Erholung, Wasser und Wirtschaft – Wald erleben in allen Facetten.
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1. Forst und Klimawandel: Anpassung breiter denken.
Die aktuellen und zukünftigen Klimaveränderungen setzen Wälder unter Druck und verändern sie. In einigen Bereichen Deutschlands sind bereits größere Flächen kahl. Nach aktuellen Einschätzungen werden die Berliner Forsten davon nur wenig betroffen ein. Wo aber dennoch tiefere forstwirtschaftliche Eingriffe oder Neuausrichtungen nötig sind, sollen die Überlegungen zu Ernährung und Forst aus diesem Dokument einbezogen werden. Ein Forst, der auf den Klimawandel reagiert, sollte nicht nur selbst robust sein für Klimaveränderungen, sondern auch den Ursachen des Klimawandels entgegenwirken und zudem versuchen, dessen Folgen abzufedern. Ein Beitrag zur Ernährung der Stadt ist hierfür geeignet. Die Stadt wird resilienter und eventuell können auch Treibhausgase reduziert werden, weil etwas weniger Lebensmittel von weit her in die Stadt transportiert werden müssen.
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2. Essbarer Wald? Potentiale erfassen und kommunizieren.
Wir wünschen uns, dass das Forstamt Expertise für Nahrung aus dem Wald aufbaut. Welche essbaren Dinge von wilden Möhren über Nüsse, Honig, Beeren, Obstbäume (Streuobstwiesen) bis hin zu Brennnesseln lassen sich in den Berliner Wäldern finden und theoretisch verstärkt ansiedeln bzw. unterstützen?
Der Legende nach ist in den Stadtwäldern deutscher Großstädte großflächig Bärlauch angesiedelt worden, um die Ernährung der Stadtbevölkerung in Krisenzeiten mit sicherzustellen. Wissen über solche und ähnliche Strategien soll im Forstamt beheimatet und abrufbar sein.
Bei zukünftigen Personal-Neuanstellungen sollte das Forstamt also mindestens eine Person einstellen, die sich mit solchen Fragen befasst und die Wissen aus der Agroforstwirtschaft und Permakultur aktiv in die Forstanalyse und Diskussion einbindet. Partnerschaften mit Forschungseinrichtungen sollen aktiv gesucht und initiiert werden, um konkrete Daten und Einschätzungen zu erhalten und wissenschaftlich zu hinterfüttern. ExpertInnen sollen eingeladen werden für Vorschläge und Erfahrungsberichte. Was ist möglich? Mit welchen Wirkungen im Ökosystem? Mit welchen Herausforderungen an die Bewirtschaftung?
Das dabei gesammelte Wissen und die dabei entstehenden Perspektiven sollten offen und progressiv kommuniziert werden, als Teil der Öffentlichkeitsstrategie des Forstamtes. „Wald als Beet?“ „Essbarer Wald?“ „Naschwald?“ Eine Übersicht, was alles essbares in den Berliner Forsten zu finden ist und angepflanzt werden kann, könnte hier als Anfang und Ausgangspunkt für mehr dienen. Der Denk- und Handlungsspielraum sollte also nicht nur innerhalb des Forstamtes erweitert werden, sondern die Öffentlichkeit soll mitgenommen werden. Die Darstellungen und aktive Experimente können in die öffentlichkeitswirksamen Aktionen (wie z.B. die Pflanzaktionen) eingebunden sein.
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3. Handstraußregel Plus+, Sammelscheine für mehr?
In den Berliner Forsten gilt die Handstraußregel. Man darf so viel aus dem Wald mitnehmen, wie zwischen Daumen und Zeigefinger passt.
Wir wünschen uns das für bestimmte Fälle über eine Ausweitung nachgedacht wird. Es ist zumindest theoretisch vorstellbar, dass beispielsweise für das Ernten von Bärlauch, Sammelscheine beantragt und/oder erworben werden könnten, die die erlaubte Menge hochsetzen. Es könnte eine begrenzte Menge von Sammelscheinen geben und diese könnten genaue Vorgaben machen, was und in welcher Menge von wo entnommen werden darf (Sammelstellen ausweisen). Auch könnte mit den Sammelscheinen eine Art „Waldführerschein“ (ähnlich wie Angelscheine) verbunden sein, mit dem man nachweist, dass man den Wald nachhaltig zu behandeln weiß.
Eventuell ließe sich mit diesen Sammelscheinen ein weiteres Einnahmefeld für die Berliner Forsten erschließen. Sie würden außerdem mehr Energie und Professionalität hinter die Nutzung des Waldes als Produktionsort für Nahrung bringen.
Vorbild hierfür sind beispielsweise Erdbeer- oder Blumenfelder, auf denen man selbst pflückt und an der Auslass-Pforte nach Gewicht bezahlt. Natürlich würde man diese Sammelstellen dann nicht einzäunen. Gelegentliche Stichproben zur Kontrolle etwa wie bei der Fahrscheinkontrolle könnten ausreichen.
Ideenbox:
Die Marke: “Berliner Forstprodukt“. Inhaber der Marke „Berliner Forstprodukt“ ist das Forstamt. Die Marke kann mit Genehmigung von Dritten genutzt werden, etwa von Kleinbetrieben die Nahrung mit Hilfe der Berliner Forsten produzieren. „Pesto aus mit Sammelschein gesammeltem Bärlauch“ etc. Die Marke ist Teil der Öffentlichkeitsstrategie der Berliner Forsten. Die Nutzung kann an Qualitäts-auflagen für die Produkte gekoppelt sein.
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4. Patenschaften für Waldparzellen?
In vielen Bezirken können BerlinerInnen Patenschaften für Baumscheiben übernehmen und diese frei bepflanzen und gestalten. Die Bezirke geben dafür sogar Broschüren aus, die dazu ermuntern und in denen steht, was erlaubt ist und was nicht. Diese Strategie ist ein großer Erfolg. Sie führt zu einer bunteren, interessanteren, lebenswerteren und an Biodiversität reicheren Stadt.
Ließen sich solche Patenschaften auch für Parzellen im Wald denken?Einzelne Minigrundstücke in den Berliner Forsten könnten freigegeben werden. Menschen könnten diese pflegen und bepflanzen innerhalb strenger Vorgaben. Der Regel- oder Möglichkeitenkatalog könnte ein Ergebnis der Auseinandersetzung mit dem Wald oben aus Punkt 2 (Potentialerhebung Essbarer Wald) sein. Auch hier könnte ein „Waldführerschein“ Vorbedingung sein.
Ein solches Projekt ist als Pilotprojekt vorstellbar. Mehr BerlinerInnen können mit dem Wald arbeiten, eine rege Kultur der gemeinsamen Waldpflege kann sich entwickeln und greifbar werden. „Crowd-Forsting“.
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Ideenbox:
Waldweide und Eichelschwein. Patenschaften ließen sich an manchen Stellen auch weiterdenken. Früher trieben manche Bauern ihre Tiere in den Wald, der Wald wurde als Weide genutzt. Schweine fraßen im Herbst Eicheln unter „Hute-Eichen“. Solche Bäume finden sich noch vereinzelt in den Forsten Berlins und Eichelschweine kommen mancherorts wieder in Mode – für besonderes Biofleisch. Wo Höfe direkt an Berliner Forsten angrenzen, könnten solche Partnerschaften wieder in die Diskussion gebracht werden. Waldweiden sind ein komplexes Feld und brauchen viel Abwägung. Aber die Berliner Forsten haben hier ja bereits mit der „Waldweide im Hobrechtswald“ und der Agrar GmbH Hobrechtsfelde ein Experiment laufen, von dem gelernt wird.
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5. Verbündete in der Stadt – LebensMittelPunkte & Co.
Eine solche erweiterte Sicht und gegebenenfalls Nutzung des Waldes braucht Partner in der Stadt. Partnerorte können Wissen und Informationen verbreiten, weiter diskutieren und Aktionen organisieren. Die Berliner Waldschulen bieten sich dafür an. Als zusätzliche Partner können sich die gerade stärker werdenden LebensMittelPunkte hier einfinden. LebensMittelPunkte sind Orte überall in Berlin, die sich für die gesunde Ernährung der BerlinerInnen einsetzen. Sie funktionieren oft als Verteilstellen für Betriebe solidarischer Landwirtschaft (SoLaWiS). Sie sind also eine direkte Schnittstelle zwischen Nahrungsproduktion im Berliner Umland und Berlinerinnen und Berlinern. Dabei sind sie nicht rein marktwirtschaftlich organisiert, sondern schließen Aspekte der Gemeinschaftsbildung und Wissensproduktion mit ein. Hier wird auch zusammen gekocht, organisiert, angepflanzt und diskutiert.
Sie sind also auch der perfekte Orte, um z.B. Erntegruppen oder Erntedankfeste sensibel zu organisieren und den Wald und seine Leistungen hinsichtlich der Ernährung der Stadt mit in die Wahrnehmung innerhalb der Stadt einzubringen.
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6. Zwischen Erholung, Wasser und Wirtschaft – Wald erleben in allen Facetten.
Alle oben erwähnten Maßnahmen sollen natürlich ausgewogen sein, sie sollen das Bild unserer Forsten nicht dominieren, sondern bereichern. Sie sollen das Bild vertiefen, nicht wesentlich prägen. Forst ist immer ein Ort, an dem verschiedene Interessen und Möglichkeiten aufeinander treffen und gegeneinander abgewogen und so gut es geht miteinander integriert werden müssen. Beim Wandern durch die Berge läuft man auch oft durch Nutzflächen: Man öffnet Gatter und schließt sie wieder, man kommt an Holzfällerarbeiten vorbei und durchquert Getreidefelder. Der Wald als Nahrungsproduktionsort verringert nicht seine Leistungsfähigkeit für die Erholung, die Trinkwasserversorung oder Holzproduktion.
Im Gegenteil. Eine gute Beschilderung der “Anbauflächen” kann zur Bildung der BerlinerInnen beitragen und ihre Identifikation mit der Stadt und ihrem Wald stärken. Welche Beziehung hat eine resiliente Stadtkultur zu ihrem Wald? Wie weiß sie ihn zu lesen, zu nutzen und zu erhalten? Das stärkt den Wald in all seinen Funktionen.
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Fazit
Uns ist klar, dass die hier skizzierten Dinge mehr Fragen aufwerfen als beantworten. Wir sehen dieses Dokument als Beigabe für einen Prozess des Nachdenkens und offenen Austauschs.
Die Berliner Forsten erbringen eine Vielzahl von Leistungen für die Stadt und die Berliner Forstämter leisten großartige Arbeit mit der Erhaltung und Nutzung dieser Forsten. Exzellenz ist aber nie Stillstand, sondern immer eine Bewegung. Wir sind überzeugt, dass der Einbezug der in diesem Dokument gestellten Fragen in das Nachdenken über unsere Forsten, zur Bewahrung dieser Exzellenz beitragen kann.
Wir wünschen uns, dass dieses Dokument nur ein Zwischenschritt in einem produktiven Dialog ist. Wir hoffen auf eine Stellungnahme der Forsten und des Ministeriums zu den hier unterbreiteten Vorschlägen und Forderungen.
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Anlaufstelle für Antworten ist momentan.
Lars Zimmermann
Mifactori & LMP Reinickendorf
Email: lars@mifactori.de
Tel. 017621865009
Projekt-Webseite: https://mifactori.de/forst-kalorie
Vielen Dank
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Das Dokument wird jetzt an die Berliner Behörden weitergegeben. Die Diskussion soll in Gang kommen. Wir forschen derweil weiter mit euch mit den Erntespaziergängen und dem Kalender “Essbarer Wald”.
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Mithelfen? Wie weiter?
- Lest unser Dokument, verbreitet die Forderungen oder schickt uns Kommentare und Ergänzungen per Email: hello@mifactori.de
- Das Projekt wird aktuell fortgeführt, die Diskussion steht noch ganz am Anfang. Auch 2022 werden wir Verschiedenstes im Wald ernten und direkt verarbeiten. Kommt vorbei. Einladungen gibt es über unseren Newsletter.
- Nehmt den Ball auf, bringt diese Diskussion als eure Diskussion in anderen Kontexten auf. Wenn ihr mögt, könnt ihr dafür unsere Grafiken (Downloads unten ↓) und Texte verwenden. Lasst uns gern von euren Bemühungen wissen.
Bis dahin.
Downloads
- Forst & Kalorie Grafikpaket | Lizenz: CC0, die Grafiken können frei genutzt werden für eigene Projekte zu “Forst und Kalorie” oder etwas anderem.
- Fragebogen Pilze sammeln
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2021 & 2022
Ein Projekt von Mifactori in der Rolle des Lebensmittelpunktes Berlin Reinickendorf.
Lebensmittelpunkte sind Initiativen überall in Berlin, die sich für gesunde und nachhaltige Ernährung der Menschen in Berlin einsetzen und als Depot, Küche und Gemeinschaftsort dafür funktionieren. Mehr Infos unter: lebensmittelpunkte-berlin.de