Was ist Open Circular Design?

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English version here

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Circular Design ist die Vision eines Designs, das Ressourcen und die Umwelt bewahrt, indem es zukünftige Wieder- und Weiterverwendungen seiner Materialien und Bauteile mit plant. Reparatur, Anpassbarkeit, Updatebarkeit, Aufbereitung und Recycling werden von vornherein angelegt und unterstützt. Produkte werden langlebig und verbrauchen nur wenig Energie und Material bei ihrer Nutzung und Produktion.

Das wirft im nächsten Schritt aber immer die Frage auf: Wer macht‘s? Ein Produkt mag für Reparatur, Aufbereitung, flexible Anpassung und Recycling gestaltet sein, das heißt aber nicht automatisch, dass all das auch wirklich geschieht. Klar ist, je spezieller und seltener die dafür nötigen Kenntnisse und Werkzeuge sind, desto unwahrscheinlicher wird das. Prinzipiell ist jedes Produkt auch heute reparierbar, aufbereitbar, anpassbar und recycelbar. Der notwendige Aufwand ist aber meistens zu hoch und darum landet der allergrößte Teil im Müll.

Hier kommt Open Design ins Spiel. Open Design steht für die Vision einer Demokratisierung von Design. Alle können mit gestalten und teilweise sogar mit produzieren. Das Design der Produkte senkt die Hürden für den konstruktiven Umgang mit ihnen.

Die Circular Design-Frage „Wer macht‘s?“ beantwortet Open Design also  mit „Alle“ oder „Potentiell alle“! Gestaltung, Reparatur, Aufbereitung, Anpassung und sogar Recycling werden zugänglich für viele. So steigt die Wahrscheinlichkeit, dass diese in einem Circular Design angelegten nachhaltigen Möglichkeiten auch wirklich genutzt werden.

Mit der Kombination aus Open Design und Circular Design erscheint ein Ansatz für wirklich nachhaltiges Design.
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Open Circular Design ist eine Designutopie, die unsere Beziehung zu den Konsumgütern um uns herum wandeln will. Eine lebendige funktionierende Kreislaufwirtschaft rückt damit näher.

Mifactori arbeitet seit vielen Jahren mit dieser Vision. Dabei haben sich nach vielen Experimenten 9 Eigenschaften oder Designrichtlinien herauskristallisiert, die Open Circular Design ausmachen. Jede allein macht ein Design zirkulärer. Je mehr in einem Design zusammenkommen, desto desto nachhaltiger wird es.

Hier sind diese 9 Eigenschaften.

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#bildend

Open Circular Design bildet.

Ein Open Circular Design erklärt seinen NutzerInnen, wie es gestaltet ist. Es bringt ihnen bei, wie es selbst als konkretes zirkuläres Produkt funktioniert und vermittelt zugleich allgemeines Wissen über zirkuläres Design. Das kann z.B. erreicht werden durch einfaches und unmittelbar verständliches Design. Komplexere Designs können dafür Beschreibungen, Anleitungen und Dokumentationen mitgeben.

Open Circular Design weiht ein, verbreitet Wissen und ermächtigt so Mitwirkung und Mitgestaltung.

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#standards

Open Circular Design setzt auf Standardlösungen.

Standardisierung von Bauteilen, Materialien und Verfahren ist das Schmieröl für funktionierende Zusammenarbeit zwischen Unternehmen in unserer Wirtschaft. Circular Design und sein größerer Rahmen – die Circular Economy – wollen im Kern die Zusammenarbeit in der Wirtschaft stärken und ausbauen. Standards sind deshalb auch hier besonders wichtig.

Die in einem Open Circular Design verwendeten Standards sind dabei bestenfalls offen und gut dokumentiert und weit verbreitet im Einsatz. Dokumentation unterstützt das Verstehen und damit auch Reparatur, Aufbereitung und Recycling. Die Verwendung weit verbreiteter Lösungen macht es wahrscheinlicher, dass Ersatz oder neue Einsatzgebiete für Bauteile und Materialien gefunden werden können. Exotische Sonderlösungen sind meist der Gegner von Circularity. 

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#einfach

Open Circular Design ist im besten Falle leicht zu verstehen und herzustellen.

Die Zukunft eines Produktes wird meist von jenen bestimmt, die es besitzen. Technisch einfache und unmittelbar verständliche Gestaltung macht konstruktiven Umgang damit zugänglich für viele. Das kann Reparatur, Anpassung, Umnutzung, Aufbereitung und sogar Material-Recycling einschließen.

Wahrscheinlich ist es unmöglich, alle Produkte so einfach zu machen, dass sie für Laien unmittelbar technisch verständlich werden. Jedoch sollte man immer probieren, diesem Ideal so nah wie möglich zu kommen.

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#upcycling-freundlich

Open Circular Design unterstützt die Nutzung von bereits Gebrauchtem.

Beim “Upcycling” wird aus ausgedienten Bauteilen, Materialien oder Produkten noch einmal etwas Neues. Open Circular Design kommt dem entgegen, indem es Designs erfindet, die sich aus solchen Bauteilen und Materialien herstellen lassen und das idealerweise im industriellen Maßstab. Dasselbe Open Circular Design kann gleichermaßen aus frischem Holz oder Second-Hand-Holz effizient industriell hergestellt werden. Design reagiert immer auf die Vorgaben aus der industriellen Produktion; es erfindet Lösungen, die sich z.B. effizient in Fertigungsstraßen herstellen lassen. Open Circular Design reagiert auf die Vorgaben industrieller Produktion mit Upcycling-Material.

Je mehr Lösungen existieren, die das tun, desto wahrscheinlicher wird es, dass wir Materialien länger im Kreislauf halten können.

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#pre-use

Open Circular Design nutzt kreativ um, ohne dabei Potentiale zu verspielen.

Den Begriff “Pre-Use” haben wir vom Architekturkollektiv „Refunc“ gelernt. In Pre-Use steckt “reuse”, also das englische Wort für “Wiederverwendung”. Pre-Use schließt dabei auch kreative Umnutzungen ein. Aus einem Marmeladenglas wird eine Blumenvase, ein Besenstiel wird zur Gardinenstange, ein Blumentopf zum Lampenschirm usw.  Produkte werden zu universelleren Bauteilen.

Der Schlüssel zu Pre-Use ist aber das vorangestellte „p“. Damit wird auf “preserve” angespielt also das englische Wort für “bewahren” oder “erhalten”.

Die kreative Umnutzung verändert also das Umgenutzte nicht, sondern „bewahrt“ es. Es bleibt weiterhin intakt für seinen ursprünglichen Nutzen. Die Gardinenstange kann wieder zum Besenstiel, die Blumenvase wieder zum Marmeladenglas, der Lampenschirm wieder zum Blumentopf werden. Darum wird das Glas nicht gemalt, der Besenstiel behält seinen Gewindeaufsatz und der Blumentopf bekommt keine Extralöcher oder Innenanstriche. Das Architekturkollektiv „Umschichten“ leiht sich für Kurzzeitprojekte Baumaterial aus. Das Material wird dann nicht bemalt, verklebt, gesägt oder gebohrt, sondern beispielsweise verklemmt, vertäut oder verspannt. Es bleibt als Rohmaterial erhalten und kann deshalb hinterher in den Baumarkt zurück.

Für uns bei Mifactori ist Pre-Use eine schöne Spielart der wichtigsten Idee von Circularity: Bewahre Potentiale für die Zukunft! Jede Veränderung an einem Material fällt uns schwer und läuft unseren Instinkten zuwider. Lieber ändern wir ein Design, um ein Bauteil zu erhalten, als ein Bauteil, um eine frühe Designidee zu erhalten. So bleibt alles universell, lebendig und anschlussfähig für Zukünftiges. Sind Eingriffe unumgänglich, versuchen wir dabei stets, möglichst universelle und langlebige Bauteile entstehen zu lassen. Beispielsweise indem wir sie innerhalb verbreiteter offener zirkulärer Standards fertigen (wie z.B. dem 3erlin Grid).

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#recycelbar

Open Circular Design macht Material-Recycling leicht.

Das Recycling von Materialien ist die vielleicht bekannteste Seite von Circularity beziehungsweise der Kreislaufwirtschaft. Im besten Falle werden dabei die Materialien aus Produkten in Reinform zurückgewonnen für einen neuen qualitativ hochwertigen Einsatz. Glasflaschen werden gesammelt, eingeschmolzen und zu neuen Flaschen gegossen. Wo Reparatur und Wiederverwendung nicht mehr möglich sind, bleibt das meist energieintensive Material-Recycling als letzte Kreislaufmöglichkeit.

Material-Recycling muss vom Design unterstützt werden. Als erstes durch die Auswahl der Materialien. Man verwendet Materialien, für die es verbreitete und kostengünstige Recyclingverfahren gibt. Als zweites ist die Konstruktion wichtig. Kombiniert ein Produkt mehrere Materialien, sollten diese klar unterscheidbar sind und sich einfach voneinander lösen lassen. So kann jedes Material getrennt seinem jeweils passenden Recyclingverfahren zugeführt werden. Manchmal ist eine Trennung aber nicht nötig, weil das Produkt nur aus einem einzigen Material besteht (Monomaterial), oder weil alle Bestandteile unter den selben Bedingungen biologisch abgebaut also kompostiert werden können.

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#Biosphere stützend

Open Circular Design erhält und stützt eine produktive Biosphäre.

Die Natur bringt eine Vielzahl von Leistungen hervor. Bäume produzieren Sauerstoff und Holz, Bienen befruchten Obstbäume, Regenwürmer graben den Boden um usw. Open Circular Design unterstützt die Natur. Ihre Vielfalt und Produktivkraft wird bewahrt und sogar ausgebaut.

Dazu verzichtet es wo immer möglich auf giftige Chemikalien. Der Natur werden außerdem bewusst Nischen gelassen oder geschaffen zum Beispiel durch Blühstreifen oder Wildwechselstellen und anderes. Verrottung ist das Recycling der Natur: Der Kompost ist ein Recyclinghof, auf dem Pilze, Würmer und Bakterien abgestorbene Pflanzen in Nährstoffe für Neues umwandeln. Es gibt eine Vielzahl von Materialien, die biologisch abbaubar sind. Open Circular Design greift gern auf diese zurück und bewahrt ihre biologische Abbaubarkeit im Einsatz.

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#offen lizenziert

Open Circular Design gestaltet Schutzrechte nachhaltig.

Circular Design möchte Handlungen wie Reparatur, Aufbereitung und Recycling ermöglichen für Laien und Profis gleichermaßen. Bei manchen Designs können hier Schutzrechte ein Problem werden. Denn Schutzrechte wie “Patent” oder “Designschutz” möchten den professionellen Umgang mit einem Design monopolisieren. Anderen wird die Arbeit mit einem Design untersagt.  Das kann dazu führen, dass effektiv Reparatur, Aufbereitung und Recycling unmöglich gemacht werden. Schutzrechte können Circularity blockieren. Vielleicht habe ich eine technische Lösung geschaffen, die perfekt und leicht vielseitig wiederverwendet werden kann. Sie wird aber für Nachhaltigkeit kaum wirksam werden, wenn ein aktiver Designschutz andere daran hindert, von den angelegten Möglichkeiten Gebrauch zu machen. Die Welt ist groß und vernetzt, ich selbst werde das kaum alles allein schaffen.

Als GestalterIn eines nachhaltigen Designs, muss ich mich immer fragen, ob meine Schutzrechte die Nachhaltigkeit, die ich in meinem Design anlegen möchte, nicht hinterrücks untergraben. Lautet die Antwort “ja”, sollte ich aktiv Gegenmaßnahmen ergreifen. Eine davon ist die offene Lizenzierung nach den Vorgaben von Open Source-Hardware. Die “CERN Open Hardware License” und die “TAPR License” sind speziell für physische Produkte geschaffene öffentliche Lizenzen, die man direkt frei nutzen kann, wenn man über ein Schutzrecht verfügt. Diese Lizenzen geben anderen die rechtliche Möglichkeit, professionell mit meinem Design zu arbeiten. Ein anderer Weg besteht darin, mein Design der Allgemeinheit zu übergeben und vollständig auf die Beantragung von Schutzrechten zu verzichten. Dieser Schritt sollte klar kommuniziert sein. Andere sollten wissen, dass es keine rechtlichen Risiken gibt, mit meinem Design produktiv und zirkulär umzugehen. Mehr zu rechtlichen Fragen findet sich auf mifactori.de/category/legal/

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#modular

Open Circular Design ist modular.

Modularität ist praktisch das übergeordnete Prinzip von Open Circular Design. Alle acht zuvor genannten Eigenschaften kann man im weiteren Sinne als Spielarten von Modularität oder Unterstützung dafür sehen. Jede einzelne ist darauf aus, die Bestandteile eines Designs leicht aus ihm herauslösen und neu und anders einsetzen zu können. Mit sechs klassischen 2×4 Klemmbausteinen wie denen von LEGO® lassen sich 915,104,765 verschiedene Kombinationen bauen. Man kann zwischen diesen Kombinationen immer hin und her springen. Sie sind potenziell alle zugleich und nacheinander da. Das ist die Art von Universalität und Zukunftsoffenheit, die Open Circular Design lebendig machen will.

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Damit ist Open Circular Design das Gegenteil vom Meisten, was wir heute unter “Autorendesign” gezeigt bekommen. „Autorendesign“ versucht oft mit hervorstechenden einzigartigen Formen, Materialien und Techniken zu glänzen. Diese Formen, Techniken und Materialien sind aber in der Regel Sackgassen für Wiederverwendung, Anpassung, Reparatur und Recycling. Sie funktionieren in einem Design und passen außerhalb davon nur in den Sondermüll.

Diese Art des Autorendesigns wurde im im 20. Jahrhundert populär und der Siegeszug scheint noch ungebrochen. Es ist aber nicht geeignet, uns gut durch das 21. Jahrhundert zu führen. Das ist kein Design für eine Zukunft, die ein gutes Leben ermöglicht für Viele(s) anstatt nur für Wenige(s).

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Open Circular Design versucht sich selbst, seinen Bestandteilen und der Welt so viele verschiedene produktive Zukünfte wie möglich zu erlauben. Durch Design und trotz Design. Es macht Menschen zu Mitgestaltenden einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft und regelt sie nicht runter zu bloß passiven KonsumentInnen, die allein als Bindeglied zwischen Fabrik und Müllverbrennungsanlage funktionieren dürfen. Nachhaltige Kreisläufe müssen überall stattfinden können, auch im Kleinen und Kleinsten! „Open“ ist dafür der Schlüssel. Let‘s go!
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If a thing can’t change, it is born dead.

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#credits

Text verfasst für die Ausstellung “Rückbauschau” des “Team Zirkuläres Bauen” 

Text & Grafiken von: Lars Zimmermann, Mifactori.de

Lizenz Text & Grafik: Creative Commons Attribution 4.0.

Downloads: Grafiken im Vector-Format (SVG)

Englische Version: Hier 

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